getting lost in the blue

Du nimmst dich viel zu ernst, sagt sie, als ob ich das nicht wüsste.
 
Sie tritt aus dem Gebäude und kommt schnurstracks auf mich zu; ich muss nicht einmal winken, ich blinzle bloß und richte mich auf, überall klebt vertrocknetes Gras, an meinen Waden, meinen Knien. Sie setzt sich zu mir, mit halb verkniffenem Gesicht, das schwankt zwischen Freude und Irritation und Ärger, hin und her, und ich lächle vorsichtig und fühle mich ganz klein und klar. Also, sagt sie. Ein Schmetterling setzt sich auf meinen Zeigefinger. Vielleicht eher ein Falter, aber bunt, und hübsch; Guck mal, wie schön, sage ich und halte ihn ihr entgegen. Und er flattert um uns herum, die ganze Zeit während wir da sitzen und reden; einmal setzt er sich ganz kurz auf ihre Nase. Wir lachen. Es ist merkwürdig. Ist komisch, ihr so nah zu sein, und gleichzeitig nicht; aber es funktioniert, wider Erwartens. Sie schaut ein bisschen an mir vorbei, wenn sie spricht; sie schaut mich seltener an als früher. Manchmal kneift sie die Augen so zusammen und fixiert mich, und ich weiß nicht, was sie denkt. Ab und zu wird es still zwischen uns, wir schieben die Fahrräder über Sand und Kies und ich weiß nicht, was ich sagen soll; bin zum ersten Mal im Gespräch mit ihr gestrandet. Irgendwas erzähle ich dann; blindlings, was mir einfällt. Es gibt nichts zu hoffen, sagt sie, und es tut kaum noch immer noch weh, ich nicke und sage, Ich weiß. Ich weiß, aber ich will dir noch ein bisschen von dieser Nähe geben, ich will sie selbst noch mal spüren, verstehst du das nicht; keinen Kontakt mehr, sagt sie zum Abschied, und ich will doch nur einen Abschluss. Ich will abschließen und will es nicht; es ist, als würde ich die Tür immer wieder aufreißen, und dein Widerstand wird immer stärker, und das macht mich traurig. Und eigentlich weiß ich, es gibt keine Tür, es gibt nur dich und mich und zwischen uns die Fahrräder.

Später liege ich im Bett, drapiert dahingestreckt, und spüre die Melodramatik auf meinem Gesicht, spüre das, und muss lächeln, muss beinahe lachen, aber es ist dunkel und ich liege im Bett, und darum lächle ich bloß, belustigt über mich selbst, und denke an sie, und fühle mich verbunden.
 

wild green stones alone

Was ist los?
Nichts. Nicht wirklich.
...?
Ich will nicht, dass du heute Abend vorbeikommst.
Was?
Ich kann das nicht mehr.
Was?
Ich hab mit einer geredet, die denselben Mist mit ihrem Ex durchgemacht hat. Die von ihm betrogen wurde. Und die hat mich gefragt, warum ich es noch mal mit dir versuche. Und ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

Weil du mich noch liebst, denke ich. Bringe keinen Ton heraus. Ich schüttle den Kopf, schüttle mir aus dem Kopf, was sie gesagt hat; ich fasse nicht, dass das passiert. Ich hätte es erwarten sollen; ich hatte es erwartet, und dann nicht mehr, dann hatte ich gedacht, vielleicht klappt es ja doch. Wann habe ich zu heulen angefangen? Ich weiß jetzt, warum es heißt, „die Welt bricht zusammen“; denn der Himmel bricht irgendwie auf mich runter, die Realität, alles stürzt auf mich ein. Sie will nicht mehr, sie will nicht mehr, kreist es in meinem Kopf. Ich schluchze ins Handy, halte mich daran fest.

Kann ich dich anrufen, hattest du gefragt, in der SMS, vor ein paar Minuten. Vorher hatten wir geklärt, dass ich abends zu dir kommen würde; du hattest es vorgeschlagen, wolltest mich bei dir haben, du wolltest das.

Sorry, sagt sie. Ich lege auf.

fading from your memory

Ich bin müde, sagt J., und dann kommt sie doch noch vorbei. 

Sie ruft, draußen vor dem Fenster, und dann gehen wir zusammen einkaufen, und die Kassiererin will den Ausweis nicht sehen. Die Waffeln später sind luftig und gut, M. hat schlechte Laune, deshalb stichelt und piesackt sie, und ich flüchte mich in J.s Arme als ich nicht weiter weiß, als ich kein Kontra mehr geben will und kann. Ich bin froh, dass du gekommen bist, sage ich, und sie sagt, Ich auch. Und als wir uns die Bettdecke über die Köpfe ziehen, kann ich es wieder kaum fassen; dass sie mich so nah kommen lässt, dass sie mir verzeihen will, und vielleicht sogar verzeihen kann.