halfway here, they whisper

Ich will das, was zu laut knistert und
dich unter Blicken erröten lässt.


leaving in the morning on the early train

Sie hat sich geschminkt, die Augen umschattet,
ungeschminkt finde ich sie hübscher,
denke ich, und muss grinsen
als P. mir einen prüfenden Blick zuwirft.

Die Wohnung ist bis zur Decke gefüllt, mit Menschen, Weinflaschen und Kuchen; jemand drückt mir einen Plastikbecher in die Hand, jemand ruft meinen Namen, ich kämpfe mich durch fremde Gesichter und spüre keinen einzigen schrägen Blick im Rücken. Angenehmes Geplauder bloß, überall, und ich fühle mich ganz fest, in mir selbst, und ich lächle J. zu und sie lächelt zurück und es ist seltsam.

Ich mag ihren Blick, dieses Blau in ihrem Blick, mag es zu sehr, um nicht danach zu suchen, und später sitze ich neben ihr, ganz beiläufig selbstverständlich, und wünsche mir, es wäre anders.

Sie umarmt mich seltsam innig, vielleicht, weil sie müde ist; vielleicht, weil ich müde bin, ich taumle nach Hause und weiß, da war kein letzter Blick hinter schließender Tür, und weiß, mein verschlingendes Starren sehnt sich wieder richtungslos.

split the secret up six ways

Das Heute versickert in meinen Händen.

Ihr Geburtstag, es war kalt draußen, aber zum Rauchen an die frische Luft, an die eisige; ein wenig schwummerig war mir im Kopf, vom Alkohol, vom Rauch, von ihrer Nähe.

Und ich wollte ihr noch näher sein, nicht nur ihre Finger berühren beim abwechselnden Rauchen, nicht nur das, und ich wusste nicht, wie, und irgendwann saß ich auf der Bank, und jemand brachte mir eine Jacke, und auf einmal E. neben mir, wir zu zweit unter der Jackendecke, die Jungs um uns herum, die Jungs ohne einen blassen Schimmer.

Das vorsichtige Suchen ihrer Hand, und sie finden, und einander halten. Unter der Jacke. In kaltverrauchter Dunkelheit. Erst ganz aufgeregt, und herzklopfend, und dann langsam ruhig, ganz ruhig werden, ruhig und glücklich. Ihre Hand, ihre Wärme.

– Ich weiß nicht, ob es stimmt, dass ich in diesem Moment glücklich war, aber es fühlt sich jetzt so an, in der Erinnerung. Vielleicht konnte ich mich nicht entspannen, wegen der Kälte, wegen der Jungs um uns herum, vielleicht störte mich das, dass wir es ihnen nicht offen zeigten, aber eigentlich, glaube ich, war es okay so.

War wirklich gut; nach mehr verlangte es mich in diesem Augenblick nicht, höchstens nach mehr E. vielleicht, mehr Nähe, aber für den Moment war es gut.

pushing the needle to the red

Hin und wieder schaue ich von meinem Buch auf, wenn jemand vorbeiläuft; dann beuge ich den Nacken wieder und meine Haare fallen vorhanggleich meine Wange entlang, und ich mag das. Das seltsam gelb diffuse Licht, in das die quälend langsam geblätterten Seiten getaucht werden, mag ich auch, und ich friere kaum; nur dieses leise, andauernde Frösteln, an das man sich gewöhnen kann.

Als sie ihr Fahrrad neben meins stellt, verschiebt sich mein Zeit- und Realitätssinn für einen Wimpernschlag; die Zeit zu kurz, die Realität so fassbar, und in den Worten hatte ich sie mir anders aufbewahrt. - Das ist es doch, was man ständig versucht; man balsamiert und legt ein, behutsam, mit Fingerspitzengefühl, aber es ist nicht möglich, das Leben festzuhalten, ist einfach nicht möglich. Was wir festhalten ist die bloße Hülle davon. Die Puppe, vielleicht; der Schmetterling längst entflattert, und so auch sie.

Sie strahlt nicht, sie lächelt; die Chemie stimmt nicht sofort, der Traum, in dem ich ihre Hand hielt und ihr nah war, ist mir auf einmal peinlich, obwohl sie nichts davon weiß. Irgendwann sagt sie mein Freund, und ich verliere mich, bin nur noch Nebel im Kopf, antworte einsilbig, finde dann wieder zurück. Finde zurück und weiß, das war zu erwarten, das sollte nichts ändern; und zu meiner Überraschung wird auf einmal alles leichter.

Die Worte purzeln nicht mehr, verwischen einander nicht mehr, sind nicht länger gehemmt und scheu; ihre Klarstellung hat einiges in mir gelockert, und vielleicht ist es gut so. Zerschlagene Hoffnung heißt nicht nur Scherben, heißt auch Klarheit, bedeutet: Ich weiß wo du steht. Das ist wichtig, Offenheit und Klarheit sind wichtig; abgesteckte Grenzen, meinetwegen, und träumen darf man ja noch.

Träumen darf man.

oh, no more silence

Über ihre Schulter linsen Träume,
lugen schüchtern aus ihren Ecken und Schlupfwinkeln hervor.


Mit blaugefärbten Lippen
Worte küssen, weichgelutschte Worte
von der Zunge gleiten lassen,
in den Teig. Auf
ruhigem Atem garen, gären; bröselnd,
klebrig weich, und
müde Augen sagen Ja. Sind
zu einem Nein gar nicht mehr fähig; das liebe ich:

Schlummerzustand; dieses friedliche, wehrlose Kapitulieren.
Nur noch sanfte Schläfrigkeit.

Dunkelheit.

words that linger through fields of green

Die Frage lautet nicht: Was wäre gewesen, wenn.
Aber ich stelle sie mir trotzdem.

Und mit einem Mal tun sich mir unendlich viele Parallelwelten auf, und sie schimmern ein bisschen durchsichtig und verpuffen wieder, eine nach der anderen, und ich schaue ihnen zu und staune. Staune schauend. Nur leicht verschoben und schon so anders, schon so eine vollkommen andere Richtung, alles hätte passieren können, alles kann immer passieren, dir, mir; jetzt, hier, jeden Tag. Jede Sekunde.

Das Fahrrad den Weg entlang geschoben, kaum auf die zerfledderten, weichgetretenen Blätter am Boden geachtet, aber dann eine Bank unter Goldgelb, nein, inmitten von, und kurzerhand das Fahrrad abgestellt und mit Stift und Papier auf die Bank gelümmelt. Ein paar Worte nur, die Eindrücke vom frühen Morgen, als das Licht so blassfahl leuchtend auf die Hausdächer fiel, und so schwammkalt war es, aber jetzt frieren die Hände nicht. Sie schreiben.

Jemand läuft vorbei, ich überlege, was man wohl in mir sieht, jetzt, hier. Wohl kaum die Gedanken, kaum das fiebrig verträumte Leuchten in meinen Augen, oder doch? Wenn ich schreibe. Dann ist das wie Malen, oder Zeichnen, aber das sehen die Leute nicht, sie sehen vielleicht eine Studentin, die ihre Hausaufgaben macht, oder einen Brief schreibt, oder was sonst. Mich sehen sie nicht.

Ich schreibe also, und dann läuten die Glocken und ich springe auf, verstaue hastig alles, denn die Zeit ist mir davongelaufen, und ich dachte, ich hätte noch so viel davon, und ich fahre los und biege richtig ab, und das Fahrrad in den Hof, vielleicht neben das ihre, aber wahrscheinlich nicht, da stehen viele, und in den Gang, in den Raum, sie ist nicht da.

Sie kommt nicht mehr, denke ich, und pflanze meine Tasche auf den freien Stuhl neben mir. Macht nichts.

Aber sie kommt noch. Ich muss grinsen, dann rutscht mir das Grinsen vom Gesicht; hastig greife ich nach meiner Tasche, sie setzt sich mit einer Selbstverständlichkeit, die ich nicht erwartet hatte. Mein Herz pocht, "Danke!", sagt sie, und es klingt wirklich dankbar, und ich lächle knapp und schlage die Beine übereinander.

So verharre ich während der ganzen Stunde, nur hin und wieder ein zynisches Kommentar, vielleicht ein schnaubendes Lachen; ich gefalle mir selbst nicht, in dieser Haltung, aber ich klebe fest darin, und irgendwie schaut sie mich so an, als die Stunde vorbei ist, und ich wickle mir den Schal um den Hals und schaue zurück, und dann gehen wir, als hätte einer von uns ein geheimes Zeichen gegeben, und wir laufen nebeneinander und stehen noch lang im sachte beleuchteten Hof.

Eine Locke fällt ihr in die Stirn, ihre klaren Augen lachen. Die Worte fließen. Und ich strahle sie an, und sie strahlt zurück und erzählt irgendwas von Kino und ich – bin stummstill im Kopf. Explodiere erst später, singend und jubelnd auf dem Fahrrad, auf dem Heimweg, und jemand fährt direkt hinter mir, aber das ist egal, ist egal weil die Freude aus mir herausbricht, einfach herausbrechen muss; Freude darüber, dass die Welt so sein kann, so schön.

So schön, so selbstverständlich unglaublich.