all the courage you have left

God, I’m still smiling.

Wasser fließt. Großaufnahme: Meine Hände am Waschbecken; ich drehe mit einer ruhigen Bewegung den Hahn zu. Sie steht schräg hinter mir, ich mache ihr Platz, flüchtiges Einander-Zulächeln; ich trockne mir die Hände, ich denke: Ich tu's jetzt einfach.

Manchmal hat man keine Zeit, sich klein und blöd und hässlich zu fühlen. Keine Zeit, sich die Worte im Kopf zurecht zu legen.

„Und? Hast du schon eine Idee,“, frage ich, „für dein Thema?“ Ganz beiläufig frage ich das; sie kann jetzt verneinen, und wir könnten beide lachen und getrennter Wege gehen, ganz unverfänglich. Aber sie wiegt den Kopf hin und her, „Na ja“, sagt sie, „Ich hatte mir überlegt, ...“, und dann laufen wir nebeneinander den Gang entlang, und sie erzählt und ich höre zu und versuche, möglichst nichts besonders Dummes von mir zu geben.

Und es fällt mir ganz leicht.

Die Sache ist die – Ich habe schon so lange nichts mehr getan von dem, was ich eigentlich tun wollte; ich habe wieder und wieder den Mut nicht gefunden. Und heute dann, heute hab ich einfach irgendwelche Klamotten angezogen, die blaue Hose mit den schwarzen Schuhen, und meine Haare sahen scheiße aus, und in meinem Gesicht aufgekratzte Flecken, und kaum geschlafen, aber – hey.

Es hilft nicht, sich fort zu wünschen, sich stärker und mutiger zu wünschen; man muss einfach die Klappe aufreißen. Irgendwas sagen; sich blamieren, verlieren, vielleicht, vielleicht nicht. Man sollte kleine Stückchen Glück auflesen; sie sammeln, bis irgendwann ein gewisser Grad an Zufriedenheit erreicht ist - Und die Frage, ob man ihn je erreichen wird, man ihn überhaupt erreichen kann, einfach mal in den Wind schreiben.

Ich weiß das, eigentlich, aber die Theorie saugt so vieles in sich auf. Es gilt, gegen die Massen von Gedanken anzukämpfen, die sich ausmalen, was alles geschehen könnte. Das Hin- und Herwenden aller Möglichkeiten ist definitiv ein Fluch.

Manchmal tun Dinge dir gut, von denen du es nie erwartet hättest. Manchmal ist alles halb so wild.

Und manchmal ist „manchmal“ richtig oft.

a kiss across the ocean blue

Ich sehe sie da sitzen, und das Bewusstsein, sie da sitzen zu sehen, fährt mir in alle Glieder.

Sie könnte jede sein, aber; ich falle aus mir heraus, falle heraus und komme nur langsam und zittrig wieder zu mir. Dahinten sitzt sie, pocht mein Herz, dahinten, und gleich werdet ihr euch vielleicht ansehen und vielleicht wirst du etwas sagen, vielleicht wird sie deinen Teller begutachten, was du darauf hast; also belade ich meinen Teller mit Grünzeug. Sie soll nicht denken, ich ernähre mich ungesund; vor ein paar Tagen hätte sie meinen Teller sehen sollen, da war die Farbkombination phänomenal.

Und als ich allen Mut zusammen nehme, und unserem gemeinsamen Bekannten T., der mit ihr am Tisch sitzt, auf die Schulter tippe, wendet sie sich gleichzeitig einer alten Freundin zu, die ihr natürlich genau in diesem Moment um den Hals fallen muss. Meine Mundwinkel kringeln sich ein wenig, aber noch immer bin ich außerhalb, außer mir, ich spreche mechanisch und verhasple mich in abstrusen Denkschleifen; T. merkt, dass ich mich für das Gespräch gar nicht interessiere, und wirkt irritiert.

Beharrlich halte ich die Plauderei trotzdem am Laufen, aber N. ist ehrlich abgelenkt und wird nicht so bald aus ihrem Gespräch befreit sein. Also gehe ich. - Wahrscheinlich hat sie nichts von alldem mitbekommen. Meine Mundwinkel kräuseln sich noch ein wenig mehr.

Beinahe könnte man sich amüsieren.

with a twist of the world

Der kleine Junge mit den großen, klaren Augen weckt eine seltsame Wehmut in mir.

Dunkelblonde Locken ringeln sich über diesen Augen, wirklich klare Augen, habe ich je so klare Augen gesehen?, und darunter die zarte Nase, der kleine Mund. Sein ganzes Gesicht scheint aber nur aus diesen Augen zu bestehen, blaugrau, von langen, dunklen Wimpern umrahmt, und ihr Blick. Dieser Blick ist so rein, so unbefangen, so offen, dass ich ihn ernst erwidere, und dann behutsam zu lächeln beginne.

Er lächelt ein kleines, scheues Lächeln zurück, voller Ernsthaftigkeit, und dann richtet er seine blaugrauen Augen wieder auf seinen Bruder, und tippt ihm auf die Schulter, und knufft ihn, und freut sich.

Ich denke: Wie gern ich ein Teil im Leben dieses Jungen wäre. Wie gern ich der große Bruder wäre, der von ihm berührt wird, der mit ihm lacht und ihm nahe steht. Wie sehr ich die Mutter beneide, die einen zärtlichen Seitenblick auf ihn wirft und ihm mit der Hand übers Haar streicht. Wie es sich wohl anfühlen muss, ein so zartes, ein so kostbares und besonderes Kind zu haben, und ob sie ihm jemals weh getan hat, oder weh tun wird. Ich würde gern erfahren, was er mag. Ich würde gern Zeit mit ihm verbringen; und ich denke daran, dass ich kleine Kinder generell sehr schnell ins Herz schließe, und ob ein einfacherer Beruf nicht viel glücklicher machen würde.

Ich denke: Noch immer vergesse ich zwischen Menschen, die mich nicht kennen, wer ich bin. Wenn sie es nicht wissen, woher soll ich es dann? Definiere ich mich durch meine Beziehungen zu anderen Menschen? Tut das nicht jeder? Und: Bin ich nicht vielleicht jemand vollkommen anderes, wenn ich allein bin, als in Gesellschaft? Das hat nichts mit Verstellung und Theaterspiel zu tun, auch nichts mit Anpassung, vielleicht ist das einfach so. Ich habe andere Gedanken, in Gesellschaft, weniger und weniger düstere, zumeist; und allein, da bin ich sonst wer.

Und natürlich ist das so, aber ich versuche noch immer, diese beiden Personen unter einen Hut zu bekommen, und da sitze ich dann, verkrampft nach beiden suchend, und sehe all die anderen an, die scheinbar einfach nur sie selbst sind und gar keinen Hut brauchen.

Da ist so viel, was ich bin, und so wenig, was nicht, und manchmal kehrt sich das um, dann bin ich restlos verwirrt.

weary and so sick of trying

Tanzt man nicht immer für die, die nicht hinsehen?, habe ich auf einen abgerissenen Zettel geschrieben und dann wieder vergessen.

Vielleicht, vielleicht ist es so.


Aber wie leicht das Leben doch sein kann, wenn man sein Herz nicht zu sehr daran hängt. Wenn man es nicht zu nah an sich heranlässt, das alles, die Blicke und das Lachen und vor allem den einen Blick, der ein bisschen tiefer geht als die anderen.

Schon klopft dein Herz ein bisschen schneller, aber du atmest ruhig und gleichmäßig und lässt es nicht zu. Lässt es einfach nicht zu, lässt es stattdessen vorbeirauschen an dir, den Adrenalinstoß und das Kribbeln und alles, und drehst all dem luftigleicht den Rücken zu. Und einen Moment lang denkst du, es müsse dir fehlen, die Aufregung und der Schmerz, wenn sie geht. Aber das tut es nicht, es fehlt dir nicht.

Es tut einfach nur unendlich gut.

Als Erste gehen. Niemandem hinterher schauen. Nicht suchen, nicht jeden schmutzigen Grauton in dein Elend aufsaugen und an der Düsternis verzweifeln, nein. Atmen, lachen, scherzen. Ein tiefer Blick, leises Kribbeln, und weiterlaufen, und jemand legt dir die Hand an die Schulter, und du läufst immer weiter, mit einem belustigten Lächeln auf den Lippen.

- Wann habe ich das wieder verlernt?