for stealing your heart away

"Du bist frei", lachte sie bitter.

"Kannst küssen wen du willst, schlafen mit wem du willst." Bin ich frei, bin ich verloren; kann man beides nur zur gleichen Zeit sein?

Ich fühle etwas, endlich fühle ich etwas, das war es doch, was ich wollte, oder nicht? Das ist es doch, hinter dem ich her war. Hier ist es, und es ist Schmerz; ich wusste nicht, dass ich solch heftigen Schmerz empfinden kann. Vielleicht habe ich es bloß verlernt. Vielleicht habe ich mich daran gewöhnt, Schmerzen erspart zu bekommen; bestimmt sogar. 

Räum alles weg, was dich an mich erinnert, sagt sie, als sei es nicht sie, die ich damit aus meinem Leben radiere. Es hilft, sagt sie, und lächelt traurig. Ich schüttle bloß den Kopf. Später raffe ich tatsächlich alles zusammen, was mir in den Blick fällt; die Kerze landet im Müll, ihre Karten in einer Tüte, all die Karten, die sie mir geschickt hat, und ihr Kissen. Ich stopfe alles zusammen, greife mir Schlüssel und Handy und stürme in die Nacht. Tanze mir Schwermut aus dem Körper.

Gegen drei stapfe ich summend die Treppe hoch, mit dröhnenden Ohren und trockenem Mund. Es ist am besten so, sage ich mein Mantra auf, und schrubbe mir das Salz von den Wimpern, und den Schweiß von der Stirn. Aber im Bett kapituliere ich. Das Kissen fehlt, obwohl es nur klein ist, und eigentlich ohne Bedeutung; sie hatte es mir mitgegeben, für die Busfahrt, und danach lag es eben im Bett, weil ich nicht wusste, wohin damit. Jetzt klammere ich mich daran, als hinge mein Leben davon ab, und vertraue ihm meine Verzweiflung an. 

Ich habe versagt, enttäuscht und verloren. Deshalb schluchze ich. Sie glaubt nicht mehr daran, an uns; deshalb schluchze ich. Und, weil sie vielleicht Recht hat. Weil ich nicht will, dass sie Recht hat. Weil ich sie vermisse.

Besonders deshalb.

crumble to the sea

Sterben?, sagt sie. So bald wie möglich.

Mein Blick verengt sich. Sie steht da, ans Fenster gelehnt, eine Dose Bier in der Hand, und schaut vage ins Nichts.

"Warum tust du es dann nicht einfach."

Sie schaut auf, fragend, verwirrt; die Härte in meiner Stimme hat sie verletzt. Ihr Blick tastet mich ab.

"Ich will einen friedlichen Tod", sagt sie dann. "Deshalb."

"Dann nimm Tabletten", sage ich, "warum nimmst du nicht einfach Tabletten und bringst es hinter dich, verdammt."

Sie schaut mich still an. 

"Weil ich feige bin."

Den letzten Schluck kippe ich mir auf die Zunge, dann wird die Dose zerquetscht, und landet leise klappernd im Hinterhof.

Ich verstehe das irgendwie, sagt jemand, der dabei steht, und ich muss mir den Mist nicht anhören, muss mir keine Diskussion darüber anhören, wie lebenswert das Leben denn nun wirklich ist, und überhaupt, sind wir nicht alle ein bisschen suizidgefährdet. Hatten wir diese Gedanken nicht alle schon mal, Nein, sage ich laut, ich verstehe das nicht.