long before the days of no surrender

So etwas wie Zärtlichkeit ist zu beobachten in ihrem Umgang mit allem, was sie wachsen sieht. Ein Staunen in Schüben, immer dann, wenn sich das Gepflanzte in den Vordergrund, in ihr Blickfeld schiebt.

Morgens rufen die Pflanzen mich wach; sie sind durstig, manchmal brennt die Sonne bereits mittags. Der Salat ist dankbar, lerne ich, eine sympathische Pflanze, genau wie die Erdbeere; der Basilikum eher griesgrämig, mit Hang zum Selbstmitleid. Eine Eiche haben wir gepflanzt, eher aus Versehen. Ich mag, wie sie besonders diesem winzigen Baum behutsam zugetan ist; vielleicht, weil er schneller wuchs als die anderen? Zunächst zart sprießend, und jetzt rapide, ein Stockwerk nach dem anderen.

Abends sind die Farben malerisch; ich laufe und die Felder, Bäume, blühenden Sträucher, alles war malerisch, und ich blieb mehrfach stehen und knipste, blieb stehen und versuchte, das aufzufangen, festzuhalten. Dabei war der Wert selbst ja ganz ohne mich da, und ganz unbeeindruckt von meinem Geknipse. Einzig ich lenkte mich selbst ab von diesem Moment - In dem Versuch, bleibende Erinnerungen zu schaffen, Abbilder des Moments, war mir der Moment ja selbst entglitten. Als ob man sich durchs Halten der Kamera selbst eine Trennung aufdränge: Alles ist Motiv, nichts mehr bloß Umgebung; Fokus, scharf stellen, weichzeichnen. Stimmt das Licht? 

Fühlt man sich als Künstler, in diesen Momenten, oder als beauftragt zur Dokumentation? Assoziiert man mit Vergänglichkeit immer das Verschwinden von Wert? Und liegt dahinter das Streben nach Großem?; etwas Bleibendes will man schaffen, etwas von Bedeutung. Etwas, das erinnert wird, egal von wem, es soll nur nicht im Nichts verschwinden, und außerdem beweist es natürlich: Man war da. Man war selbst ganz höchstpersönlich an diesem Ort und schuf ebendiesen Beweis in diesem längst vergangenen Moment. Etliche Menschen, ganze Ströme von ihnen, und ein Feuerwerk aus Klicks, und alle fotografieren sie doch dasselbe; die selben Orte, die gleichen Perspektiven; ich falle selbst in dieses Muster, ich entscheide, fotografiere, zeichne auf. Wozu, wozu eigentlich; vielleicht lieber mehr Jetzt und weniger Darstellung, weniger Darstellung ist immer wachsender Freiraum, aber eben ein Freiraum, den man nur selbst empfinden und nicht später beim Abendessen stolz herumzeigen kann.

Und man denkt, ein Tag sei vergangen, und dann sind es dreivierfünf seitdem, als zuletzt, vorhin. Gerade eben noch.