draw back your bow

Diese Menschen, an die ich mich verlieren könnte, sind die, die sich dem Leben zu entziehen suchen.

Sie wollen der Welt nicht viel bedeuten, niemandem besonders sein. Sie achten auf sich mehr aus Höflichkeit, pflegen und kleiden sich mit ausgesuchtem Gleichmut, niemals mit dem Wunsch, aufzufallen. Mit zärtlicher Grausamkeit gestalten sie ihren Alltag, und ihr Staunen darüber, dass ein Leben trotz fehlender Liebe existieren kann, immer weiter existiert, wächst mit jedem Tag ein bisschen.

Das ist auch der Grund für die tief melancholische Traurigkeit, die ihnen aus den Augen springt, wenn sie nur einen Moment unachtsam waren. Und mit dem Stolz derer, die nichts anderes kennen - sich selbst umkreisend, immerfort - haben sie die Hoffnung auf einen anderen Weg längst aufgegeben.

Sie wirkt flüchtig, wie aus der Luft gegriffen. Scheu, niemals aufdringlich, beinahe farblos; und hätte mich ihr Blick nicht gestreift, so wäre sie mir gar nicht aufgefallen. Aber auf einmal sticht sie heraus aus der Menge, obwohl so sorgfältig in Unscheinbarkeit gehüllt. 

Ich glaube, ein edles Wesen zu erkennen, und schaue, und betrachte, und sehne mich.

6 comments:

  1. Märchenhaft muss ich doch sagen.

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  2. und das ist ein edler text, ganz ehrlich!

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  3. Was ist es genau was dich an ihnen fasziniert? Dass sie dir fremd sind? Dass sie so anders sind als du? Oder ihre bescheidenheit? Dieses demütige - unrflektiertdemütige? Hast du nicht angst in ihrer unscheinbarkeit verbirgt sich nicht mehr als sie nicht preigeben wollen?

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    1. All das, vielleicht.

      Und nein, ich bin mir immer sehr sicher, dass dahinter mehr steckt. Ich denke, in jedem Menschen steckt sehr viel, das man lieben kann.

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    2. wow schön gesagt! Vielleicht hast du recht ja..

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  4. Deine Texte gehen tief. Ganz oft ganz tief. Das mag ich so an ihnen.

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