Ohne
genau zu wissen, welche Assoziationskette mich hierhin führte,
schiebt sich eine Erinnerung nach oben; wie ich mit M. im Gras
lag, nach einer durchfeierten Nacht, wie wir schwitzend und durstig
und immer noch von der Musik durchdrungen schliefen und aufwachten
und uns über das Tempelhofer Feld langsam den Weg nach Hause
bahnten. Ein bisschen taumelnd, ungeschützt in der Hitze, aber durch
den Schlaf erstarkt, stark genug, und mit dem einzigen Ziel: nach
Hause. Den Tag in Angriff nehmen. Die Müdigkeit niederkämpfen, für
den Augenblick; erst mal die Bahnstation finden, erst mal was
trinken, erst mal sehen, wie viel Geld vom Abend noch übrig ist.
Wie
eine Verkörperung von Sorglosigkeit, von Kindlichkeit erscheint mir
das jetzt; wie frei sich das anfühlte, und wie euphorisch wir beim
Tanzen waren; wie viele Blicke ich genoss und wie angenehm
sich das Denken langsam ausschaltete, das Überdenken, das Über-Ich;
das Urteilen und die Vernunft. Wie schön es ist, sich an all das zu
erinnern, und wie seltsam, gleichzeitig von der Traurigkeit zu
wissen, die mich trotz allem nie verließ. Euphorisch war ich, ja, und auch begeistert, und im Rausch; von Glücksmomenten
durchtränkt und genießend. Und trotzdem weiß ich auch, dass da
noch immer diese tiefe, tiefsitzende Traurigkeit war, die mich seit
der Trennung begleitete; eine Art dunkler Unterton, der immer
mitschwang. Er hinderte mich nicht mehr daran, Glück zu empfinden;
das hatte ich mir erarbeitet. Aber er schuf eine permanente,
unterliegende Unruhe und Dunkelheit; eine, in die man jederzeit
hineinfallen konnte, wenn man sich nicht zusammenriss. Und vielleicht
deshalb sind diese Glücksmomente nicht völlig rein, nicht einzig
Glück, sondern durchmischt mit eben diesem dunklen Ton, einer leisen
Melancholie, einer in Schach gehaltenen Verzweiflung.
Vielleicht tatsächlich wie ein kleines Tier, das man sich im Brustkasten hält; ein schlafendes. Und man liebt es auch, es ist ja Teil von einem selbst; ich würde mir die Traurigkeit nicht absprechen wollen und ich will den Satz "Ich war nicht wirklich glücklich" ausschreiben, ohne damit eine Verminderung des Erlebnisses bewirken zu wollen; ohne damit sagen zu wollen, dass es deshalb weniger wert gewesen ist oder weniger schön oder weniger erfüllend. Es war ein erfüllendes Erlebnis genau wegen der Komplexität der Gefühle, ihrer verschiedenen Färbungen; dadurch, dass nichts stimmig war und alles stimmte.
Vielleicht tatsächlich wie ein kleines Tier, das man sich im Brustkasten hält; ein schlafendes. Und man liebt es auch, es ist ja Teil von einem selbst; ich würde mir die Traurigkeit nicht absprechen wollen und ich will den Satz "Ich war nicht wirklich glücklich" ausschreiben, ohne damit eine Verminderung des Erlebnisses bewirken zu wollen; ohne damit sagen zu wollen, dass es deshalb weniger wert gewesen ist oder weniger schön oder weniger erfüllend. Es war ein erfüllendes Erlebnis genau wegen der Komplexität der Gefühle, ihrer verschiedenen Färbungen; dadurch, dass nichts stimmig war und alles stimmte.