Einmal saß ich einfach da, in unserer Küche, am runden Küchentisch, mit einem Teller dampfender Brühe vor mir. Der Himmel draußen war wolkenverhangen, doch das warme Dottergelb der Wände schuf die Illusion von Sonnenlicht, sanft den Raum erfüllend. Still war es, im ganzen Haus, so still; nur die Wanduhr tickte leise (durch ihre Regelmäßigkeit ein Teil der Stille).
Ich tauchte meinen Löffel in die Brühe, hing Gedanken nach, und war mir dieser Bewegung auf einmal so bewusst, dass ich kurz inne hielt. Für einen Moment.
Und in mich hinein lauschte.
Dann führte ich den Löffel zum Mund, mit dieser blinzelnden, leicht kopfschüttelnden Bewegung, die man an Menschen beobachten kann, die sich von etwas, einem Tagtraum vielleicht, losreißen oder einen hartnäckigen Gedanken abschütteln wollen. Doch diese tiefe Ruhe, die mich zeitgleich mit dem Gefühl des Bewusstseins durchflutet hatte, blieb bestehen, während ich den Teller leer löffelte. Eine abwartende Ruhe, aber geduldig, unendlich geduldig, und deshalb so wohltuend. Es war ein Moment, in dem mir klar wurde, dass etwas geschehen wird; irgendwann. Ich weiß nicht, was.
Ich weiß auch nicht, was mich so sicher macht und warum mich dieser Gedanke so beruhigte. Aber es war so, ich saß da und aß meine Brühe und – Das war ein anderes Lebensgefühl. Ein vollkommen anderes. Andere Menschen fühlen sich vielleicht immer so, selbstsicher und ruhig und zuversichtlich, aber mich erfüllte das... plötzlich und unerwartet.
Und es tat gut. Es tut gut.
the world behind your eyes
can't get her off of my brain
Gesang; viele Stimmen, zu einer Melodie vermengt, ein wiederkehrendes Muster. Ich kann die Gedanken schweifen lassen, während meine Lippen die Worte formen; mein Blick wandert durchs Publikum, betastet die gefüllten Bänke, springt von Gesicht zu Gesicht.
Da ist auch ihr Gesicht, natürlich, immer wieder zieht es meinen Blick zu ihr hin; verschämt, beinahe, gestehe ich es mir ein. Ihren Blick trifft der meine selten, nur flüchtig, ich beobachte sie mehr, als dass ich sie anschaue, ich beobachte und lerne. Lerne mehr über sie, lerne, sie einzuschätzen und ihre Fassade zu erfassen. Kälte strahlt sie aus, Selbstsicherheit. Ich begreife nicht, was sie so besonders für mich macht, aber es ist da.
Als die Trompeten einsetzen, spüre ich, wie meine Augen sich weiten und dann zu strahlen beginnen. Es klingt herrlich erfrischend, wie diese zwei Jungs in ihre Instrumente blasen, fröhlich und lebensfroh zugleich; eigentlich mag ich Trompeten überhaupt nicht, aber jetzt strahle ich, kann gar nicht aufhören, und ich werfe einen kurzen Blick zu ihr hinüber, nur um mein Strahlen in ihrem Gesicht widergespiegelt zu sehen. Ihr Inneres blitzt hervor, für einen Moment, und ich lache leise, entzückt, auf.