walking contradictions

It's like talking to a very close friend, but better. 
It's like playing poker with someone whose face you cannot see. 
To write is to free the monsters.

Schreiben ist Losboxen von allem, was sich an mich gehängt hat und Fäden zieht. Schreiben ist Fass Mich Nicht An, und Endlich Für Mich Sein. Die einzige Person, die mir das verweigern kann, bin ich selbst; und das habe ich lang genug getan. Schreiben kann mich nicht fesseln, kann mich niemals in Ketten legen; es ist alles, was ich verneine, und genau deshalb ein Teil von mir. Es ruft die größten Schatten aus mir heraus, die grausamsten Gestalten aus den hintersten Winkeln; und dafür danke ich ihm. Ich liebe es dafür, dass es mich hässlich und schön zugleich macht, dass es mich mein Selbst vergessen lässt, und zur gleichen Zeit immer dahin zurückführt. 

Nie bin ich mehr ich selbst als im Moment des Schreibens.

Manchmal strömen die Worte nicht, sie stolpern vielmehr, und dann weiß ich, es ist viel Zeit vergangen, seitdem wir uns das letzte Mal in die Arme gefallen sind. Es ist viel Zeit vergangen, und viele Gedanken sind unausgesprochen, unausgeschrieben geblieben und haben sich festgesetzt, haben sich eingenistet in meinem Kopf; wabernd und scheinbar nicht zu fassen, und doch so real. Viel zu lange habe ich einfach nur zugesehen – weshalb? Habe ich tatsächlich gehofft, sie würden – zerfließen? Verschwinden? Verloren gehen? 

Durch meinen Kopf sind sie geschwebt, zunächst als bloße Schatten, und Unbehagen ließ mich vorbei sehen an ihnen, durch sie hindurch. Unbehagen, und Angst. Aber die Schatten haben an Substanz gewonnen, natürlich haben sie das, das tun sie immer, wenn man sie mit aller Macht zu ignorieren sucht. Sie gewinnen an Substanz, an Festigkeit, und auf einmal sind dir altbekannte Pfade verbaut, vertraute Wege versperrt, und niemand hat je mit größerem Gleichmut die Seite gewechselt, einen Schlenker gemacht, die Füße höher gehoben als du.

Aber jedes Mal, wenn du sie umgehen musst, deine Schatten, gestehst du ihre Existenz ein kleines Bisschen mehr ein. Jedes Mal greifen sie noch ein bisschen mehr nach dir, beißen sich ein Stück Klarheit aus deinem Denken und verdunkeln es, verwirren es mit Spielchen, mit falschen Hoffnungen und rot gefärbtem Tagtraum. Und du lässt es zu, um noch ein bisschen länger wegsehen zu können, um noch ein paar Tage mehr in diesem Zustand der Taubheit zu verbringen, der sich irgendwie angenehm anfühlt, wenn auch nicht wie das, was man unter Leben versteht.

Dumpfe Taubheit, wie im Rausch. Alles Denken erlahmt. Alle Fragen verstummt, oder zumindest sind sie leiser geworden, sehr viel leiser. All diese Fragen, die sich sonst permanent ins Denken bohrten; wer bin ich, wie will ich sein, was soll ich tun, und weshalb überhaupt. Jetzt: Ein Wispern, das leicht zu übertönen ist; überhäuft habe ich es, mit neuen Eindrücken, neuen Illusionen und neuer Struktur.

Auch den Schmerz. Und doch ist es der Schmerz, nach dem ich mich sehne. Er ist das, was ich mit aller Gewalt von mir stoße, und zu dem es mich doch immer wieder hinzieht in meiner Suche nach … Was ist es, das ich da suche? Wirklichkeit? Frieden?

Der Schmerz findet seinen Weg. Die Schatten – wenn auch sehr, sehr leise – fressen sich ganz allmählich in deinen Schlaf; ätzen Löcher in deine Träume, bis nichts mehr davon übrig ist als ein müder Wimpernschlag. Schlafschwankend am Fenster lehnen und Windstößen lauschen. Die zitternden Finger an heißer Kaffeetasse verbrennen. Hin und her wälzen. Hin und her. 

Bis es irgendwann nicht mehr möglich ist: Denken ohne Schreiben. Schreiben ist Denken, nur mit größerer Klarheit; Schreiben ist Tauchen und feststellen, dass du die Luft sehr viel länger anhalten kannst als gedacht. Überhaupt ist die Sache mit dem Atmen eine Lüge. Ich brauche nicht zu atmen.

Ich habe es nie gebraucht.

15 comments:

  1. Ich liebe deine Schreibereien. Jeden Satz, jeden Gedanken, jedes Wort - hör nicht auf damit.
    Danke, dass du mich daran teilhaben lässt.

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  2. Oh...so ein wunderschöner Text. Danke.

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  3. ein wunderbarer text, ja, genau. und ein so wahrer text. so authentisch. ich erkenn mich wieder in deinem spiegel.

    herzlich, soso

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  4. wow die texte sind hier schon extrem schlecht, aber wenn jemandem nichts einfällt, schreibt er eben über den banalen, uninteressanten alltag seines beschissenen kleinen lebens, das genauso ist wie das aller anderen und nennt es "authenzität".

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    1. Ganz genau; das ist das Prinzip, nach dem ich vorgehe. Schade, dass du deine Kritik nicht ein bisschen sachlicher formuliert hast.

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    2. Wenigstens Authentizität hättest du richtig schreiben können ...

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  5. Ich finde es wunderschön, was du da fabriziert hast. Wenige Leute können gut über das Schreiben an sich schreiben. :)

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  6. Der Schluss gefällt mir am besten, das mit dem Tauchen und Lut anhalten und atmen.

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    1. Merci. Der Schluss ist auch irgendwie das Wichtigste.

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  7. ein sehr gut Straßenseiten wechselnder mensch25/10/2012, 20:40

    ich beginne mich zu fragen wieso ich der nich schreiben kann, nich verrückt wird oder platzt was passiert mit all den schatten und gedanken die nicht in meinem Kopf verschwinden. wo stauen sie sich an und wie kann ich sie loswerden. überhaupt was passiert wenn ich sie loswerden würde.?

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    1. Wie man mit den Schatten umgeht, muss jeder selbst wissen.

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